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Geschichte der Stadt Bleistadt und der benachbarten Dörfer.

West Böhmen, Bezirk Falkenau (okres Sokolov)


Verzeichnis:
Geschichte von Bleistadt
Häuser und Einwohnerzahlen von Bleistadt
Weitere Urkunden und Listen
Angaben zu Prünles
Karte von Bleistadt und Umgebung
Fussnoten

Geschichte von Bleistadt

Auf einem Hochplateau über der Zwodau an den Ausläufern des Erzgebirges liegt zwischen Falkenau und Graslitz, im Herrschaftsbereich des alten staufischen Ministerialensitzes Hartenberg der Bergbauort Bleistadt. Bereits für 1314 ist für die Gegend Bergbau nachgewiesen, wohl am Prünleser Berg, in der Gegend von Loch und Pilchberg. Der Ort Bleistadt wurde im Jahre 1523 von Graf Stephan Schlick gegründet, möglicherweise in Form einer Umbenennung des seit 1350 in diesem Bereich bezeugten Dorfes Altenberg [ 1 ]. Für die Grafen Schlick, die in St. Joachimsthal außergewöhnlich ertragreiche Silbergruben besaßen, war nämlich Blei für den damaligen Stand der Silberverhüttung unabdinglich [ 2 ]. In der Gründungurkunde wurde den Bergleuten des Ortes eine Reihe von Freiheiten eingeräumt wie etwa die persönliche Freizügigkeit und die handwerkliche Gewerbefreiheit, also gewisermaßen Vorstufen städtischer Freiheit. Bereits seit 1539 erhielt Bleistadt auf Veranlassung des protestantisch gesinnten Grafen Hieronymus Schlick einen lutherischen Geistlichen.

Da Hieronymus Schlick die Protestanten im Schmalkandischen Krieg unterstützte, zog König Ferdinand I. als Vergeltung im Jahre 1548 den größten Teil seiner Besitzungen ein, darunter auch die Bergstädte Joachimsthal und Bleistadt. Von König Ferdinand erhielt Bleistadt 1558 das Stadtprivileg und 1561 die Ernennung zu einer "königlich freien Bergstadt", verbunden mit den städtischen Freiheiten der inneren Selbstverwaltung und der eigenen Haushaltsführung. Die neue Stadt war somit vom Untertanenverhältnis zur Herrschaft Hartenberg [ 3 ] befreit. Allerdings begann nun bereits der allmähliche Niedergang der heimischen Bergwerksproduktion, verursacht durch die Erschöpfung der Gruben und den Konkurrenzdruck durch das südamerikanische Silber in Verbindung mit dem kostengünstigeren Amalgamationsverfahren [ 4 ].

Die Bleistädter waren von Beginn an (1539) bis zum Eintreffen der kaiserlichen Reformationskomision von 1650 durchwegs lutherischen Glaubens. Meist gingen auch die Untertanen aus den benachbarten Dörfern (Prünles, Horn), die der Herrschaft Hartenberg unterstanden, ebenfalls in die Bleistädter Kirche, was im Laufe der Zeit zur Gewohnheit wurde, wie es auch in den beiden ältesten Kirchenmatriken zum Ausdruck kommt. Als der katholisch und kaiserlich gesinnte Heinrich von Pißnitz 1597 die Herrschaft Hartenberg und damit auch die Verfügungsgewalt über den Gossengrüner Kirchsprengel erwarb, kam es zum Streit zwischen Hartenberg und Bleistadt. 1599 verpflichtete Pißnitz seine Untertanen, vor allem die von Prünles und Horn unter Androhung der Leibesstrafe, ausschließlich in die Kirche von Gossengrün zu gehen. Da die Kirchenbücher von Bleistadt bereits 1560 beginnen, die Gossengrüner Kirchenbücher jedoch erst 1616 (Heiraten schon ab 1606), ist es somit durchaus möglich, Eintragungen bezüglich des nördlichen Kirchensprengels von Gossengrün zumindest 1560 bis zur Anweisung von 1599 in den Bleistädter Büchern zu finden.

Nach der Erweiterung des Bleistädter Kirchensprengels von 1788 gehören die Dörfer Lindenhammer (1664 gegründet) und Horn sowie der Prünleser Ortsteil Unterprünles endgültig zum Kirchensprengel Bleistadt. Die übrigen Prünleser Ortsteile Oberprünles und Annathal verbleiben weiterhin bei der Kirche von Gossengrün.

Als der Bergbau in der Gegend um Bleistadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts, letztlich mit der Auflassung des Bergamtes 1865, seinem Ende entgegenging, mußten sich die Einwohner der Bergstadt nach anderen Erwerbsquellen umsehen. In Heimarbeit versuchte man sich als Knopfdreher, Korbflechter (eine Korbmacherschule wurde eingerichtet) und insbesondere auch als Spitzenklöppler und Spitzennäher (in Gossengrün bestand seit 1819 eine Spitzenschule, ebenso in Bleistadt). Wirtschaftsmisere und Hungersnot führten zu einer Anwanderung vieler Bleistädter.

1892 wurde in unmittelbarer Nähe der Eisenbahnlinie Falkenau-Graslitz die "Erste Böhmische Glasindustrie AG" gegründet. Aus allen Teilen der Monarchie und des Deutschen Reiches zogen nun Arbeitskräfte nach Bleistadt, die sich fast ausschließlich in den neu errichteten Siedlungsgebieten von Unterbleistadt in der Nähe der Zwodau niederließen. Hier entstanden ein "böhmisches Viertel" mit einigen tschechischsprachigen Bewohnern, dazu die Villen der höheren Angestellten im "Fabriksviertel" sowie die Straßensiedlung im unmittelbaren Zwodaubereich. In Oberbleistadt wurde, etwas abgesetzt von der alten Stadt, die Siedlung "Steinbruch" ausgebaut. In den Spitzenzeiten in den 30ger Jahren des 20. Jh. beschäftigte die Glasfabrik etwa 600 Mitarbeiter.

1945-1946 wurde der Großteil der deutschen Bevölkerung vertrieben. Viele "Neu-Bleistädter" rückten insbesondere aus der Slowakei nach. Erwerbsmöglichkeiten boten nach wie vor die Glasindustrie bei allerdings stark reduzierter Fertigung sowie das Braukohlenrevier von Falkenau. Mit der politischen Wende 1989 begann der Niedergang der Brauköhlenförderung wie auch der Glasfertigung. 1998 beschäftigt die Glasfabrik nurmehr 5 Mitarbeiter für Aufräumarbeiten.

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Häuser und Einwohnerzahlen von Bleistadt:

1595 geschätzt 300 Einwohner 50 Feuerstätten
1654 (Steuerrolla) ca. 390 Einwohner 66 Häuser
um 1760 (Eisner, Lois, 1973) ca. 780 Einwohner 129 Häuser
um 1840 (Sommer J.G., 1847) 1026 Einwohner 170 Häuser
um 1930 (Pfohl Ernst, 1932) 1570 Einwohner (1343 deutsche) ?

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Weitere Urkunden und Listen:

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Angaben zu Prünles [ 7 ]

1523 "auffm Prünleß" im Bleistädter Bergbuch als Flurbezeichnung für die St.-Andreas-Zeche
1574 ist der Prünleser Bergstollen ("alter Brunles") erwähnt
Die Gemeinde Prünles besteht aus den Ortsteilen Oberprünles, Unterprünles und Annathal [ 8 ].
Haupterwerbsquelle ist der Bleibergbau bis zur Auslassung des Bergbetriebs Mitte des 18. Jahrhunderts, daneben Forstwirtschaft und Landwirtschaft.
Prünles hat nach Sommers Beschreibung Böhmens (1847) 105 Häuser mit 748 Einwohnern, nach dem Ortslexikon von Ernst Pfohl 1930: 779 Einwohner, davon 768 Deutsche.

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Karte von Bleistadt und Umgebung
(Ausschnitt aus der Karte des Bezirks Falkenau, gezeichnet von A. Horner)


Fußnoten:

[ 1 ] vgl.: Eißner Lois: Bleistadt, Schwandorf, 1773 S.15.
[ 2 ] Nach dem seinerzeit angewandten Abtreibverfahren mischte man hierbei das zerkleinerte Silbererz mit dem Bleierz und erhitzte es auf etwa 1100 Grad C, worauf die nun oben schwimmende Schlacke abgezogen wurde. Die verbleibende Silber-Blei-Schmelze ließ man auf etwa 450 Grad C abkühlen, wobei das an der Oberfläche erstarrte gediegene Silber vom noch flüssigen Blei getrennt werden konnte.
[ 3 ] im Gegensatz zu den benachbarten Bergstädten Gossengrün, Heinrichsgrün und Graslitz
[ 4 ] Rafinierung des Silbererzes mit Quecksilber
[ 5 ] behandelt nur die umliegenden Orte wie Horn, Pichelberg, Liebenau etc., nicht Bleistadt
[ 6 ] mit interessanter Auflistung aller im alten Elbogener Kreis im 17. Jahrhundert vorkommenden Familiennamen, auch der Adeligen und Juden
[ 7 ] Angaben aus: Eißner Lois: Bleistadt, einst eine königlich freie Bergstadt, Amberg 1973
[ 8 ] Die Unterscheidung der Ortsteile wird erstmalig bei der Zuordnung von Unterprünles zum Kirchsprengel Bleistadt offenkündig

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Letzte Änderung: 01.September 2000 (ds)
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