Neu im digitalen Lesesaal

Der umfangreiche Aufsatz von Diether Becke „Goethe, Geowissen, Genealogie, Genialität, Genetik und Gedächtnis Marienbad (Mariánské Lázně) als Wissens- und Investitionsort für den Apotheker Karl Brem (1782–1845) und die Spuren seines Erbes“ ist komplett im Digitalen Lesesaal zu finden.

Der Autor fasst den Inhalt selbst zusammen:
Eine Provenienzforschung zu Mineralien aus der Sammlung von Julia Hufnagel-Schildbach (1880-
1962) aus Marienbad (Mariánské Lázně) wird zum Anlass genommen, einen der Vorbesitzer, den Apotheker Karl Brem (1782-1845), biographisch vorzustellen. Er war aus Mähren in das westböhmische Kloster Tepl migriert, von wo aus er mit chemischen Wasseranalysen zur Entwicklung des jungen Kurortes Marienbad beitrug, in dem er seit 1820 als Apotheker und Zimmervermieter mit seiner ständig wachsenden Familie lebte. Brem ist nur einer von vielen, für die Marienbad als „Wissensort“ naturwissenschaftliche und/oder heilkundliche Tätigkeiten als Beruf oder Hobby evozierte. Auch Johann Wolfgang von Goethe ließ sich von Marienbad inspirieren und regte durch das Sammeln und Ordnen von Mineralien Karl Brem und andere Bewohner des Egerlandes zu einer Tätigkeit an, die dort noch 100 Jahre später ausgeübt wurde. Die Tatsache, dass Brems Enkel Friedrich Becke (1855-1931), der sich in seiner Kindheit und Jugend häufig in Marienbad aufgehalten hatte, um die Jahrhundertwende zu einem der bedeutendsten Mineralogen Europas aufstieg, führte zu der Frage, ob familiäre Sozialisationsmechanismen und Netzwerke, individuelle Bildungsentscheidungen oder gar genetische Dispositionen für diese naturwissenschaftliche „Familientradition“ (family culture) verantwortlich sind.
Die Genealogie als Hilfswissenschaft bietet hier einige Antwortmöglichkeiten, sie wurde – wie die Mineralogie – als familiale Praxis innerhalb der Deszendenz von Karl Brem betrieben und wird daher in dieser Untersuchung selbst zum Forschungsgegenstand, um exemplarisch herauszufinden, welche Motive und Entwicklungslinien die genealogische Praxis zwischen 1880 und 1938 bestimmten. Genealogische Methodiken dienten den (populations-)genetischen Wissenschaften auch dazu, die Vererbbarkeit geistiger Eigenschaften wie Genialität und Intelligenz nachzuweisen, wie am Beispiel von Friedrich Becke gezeigt wird. Karl Brem und seine Deszendenz prägten die medizinische, naturkundliche und lokalpolitische Geschichte Marienbads bis in die vierte Generation; die Verfolgung dieser Spuren wird abschließend als Form familiärer Erinnerungskultur reflektiert.

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